Checkliste: 22 Fragen und Antworten rund um das Thema Vermietung in der Corona-Krise

Rechtsanwalt Steffen Groß gibt in unserem objego-Blog einen Überblick über die Rechte und Pflichten von Vermietern.

Letztes Update: 27. Februar 2024 | 7 Min. Lesezeit

Blick auf eine rechte Hand, die einen schwarzen Kugelschreiber haelt und eine Checkliste mit kleinen Kaestchen und Texten auf kariertes Papier schreibt.
Die wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona Pandemie sind umfassend. Zahlreiche Betriebe und Geschäfte sind nach wie vor geschlossen und erwirtschaften keine Einnahmen. Aber auch Wohnungsmieter müssen vielfach durch Kurzarbeit bedingte wirtschaftliche und persönliche Einschränkungen hinnehmen.Vermieter und Eigentümer sind sich unsicher, welche Rechte und Pflichten sie und ihre Mieter trotz der Kontaktverbote und Beschränkungen weiterhin haben.Die Checkliste von Rechtsanwalt Steffen Groß gibt Ihnen einen Überblick über einzelne Fragestellungen. Sie ist bewusst vereinfacht, erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt nicht die Prüfung Ihres individuellen Falles durch einen Rechtsanwalt.

Mietzahlung

1. Werden Mietverhältnisse durch Corona unwirksam?
  • Die Mietverhältnisse bleiben weiterhin so bestehen, wie sie vereinbart wurden.
2. Muss der Gewerbemieter seine Miete weiterhin zahlen?
  • Ja, die mietvertragliche Pflicht zur Zahlung der Miete wird durch die behördlich angeordnete Schließung nicht verändert. Der Mieter trägt das Risiko, keinen Gewinn zu erwirtschaften (Verwendungsrisiko des Mieters).
3. Darf der Gewerberaummieter die Miete wegen Schließung mindern?
  • Nein, die öffentliche Anordnung zur Schließung von bestimmten Gewerben steht nicht im Zusammenhang mit dem einzelnen Mietobjekt. Damit stellt sie auch keinen Mangel der Mietsache dar, die den Mieter zur Minderung berechtigen würde.
  • Wenn Shopping-Center geschlossen werden, in denen Gewerbebetriebe angesiedelt sind, die von den Schließungsanordnungen nicht betroffen sind, könnte die Miete gemindert sein. Voraussetzung dafür ist, dass den Kunden durch die Schließung des Centers der Zugang zu diesen Gewerben verwehrt wird.
4. Darf der Gewerberaummieter die Miete wegen fehlender Nutzung mindern?
  • Der Gewerbemieter benötigt die Räume nicht mehr wie vorher, z. B. weil die Mitarbeiter im Homeoffice sind. Kann er deswegen die Miete mindern? Nein, die Anzahl der Mitarbeiter, die im Büro beschäftigt werden (können) und die Auslastung der Kapazitäten fällt in den Risikobereich des Mieters (Verwendungsrisiko des Mieters).
5. Muss der Wohnraummieter seine Miete weiterzahlen, trotz finanzieller Einbußen?
  • Ja, auch wenn sich die finanzielle Situation des Mieters verschlechtert hat, muss er weiterhin seiner Mietzahlungspflicht aus dem Mietvertrag nachkommen.
6. Darf der Wohnraummieter die Miete mindern, wenn er finanzielle Einbußen hat?
  • Nein, ein Minderungsrecht setzt immer einen Mangel der Mietsache voraus, der in diesem Fall nicht vorliegt.

Stundung der Miete

7. Steht ein Anspruch des Mieters auf Stundung?
  • Nein, die Mietzahlungspflicht besteht grundsätzlich in vollem Umfang fort.
  • Die Vereinbarung von Mietstundungen stellt eine individuelle Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter dar.
8. In welchem Umfang kann eine Stundung vereinbart werden?
  • Der Umfang einer Stundungsvereinbarung kann frei vereinbart werden.
  • Wenn der Vermieter dem Mieter eine Stundung gewährt, sollte er jedoch zuvor prüfen, dass er seine eigenen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern weiterhin bedienen kann. Gegebenenfalls sollten Sie als Vermieter vor der Stundungsvereinbarung Rücksprache mit dem Bankberater bzw. Steuerberater halten.
  • Möglich sind Stundungen der gesamten Miete, nur der Nettokaltmiete oder Teilen der Nettokaltmiete.
  • Empfehlungen Rechtsanwalt Groß: Der Mieter sollte wenigstens die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen weiterzahlen. Das ermöglicht die Bedienung der laufenden Bewirtschaftungskosten beim Vermieter, vermeidet hohen Verwaltungsaufwand und Missverständnisse bei der nächsten Betriebskostenabrechnung. Außerdem bewahrt es den Mieter vor möglicherweise hohen Betriebskostennachforderungen bei der nächsten Abrechnung.
9. Was sollte in einer Stundungsvereinbarung geregelt werden?
  • Warum wird diese Stundungsvereinbarung geschlossen? Sie wird zur Abmilderung der vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten aufgrund der Einschränkungen des Betriebs wegen der Corona-Pandemie vereinbart. 
  • Folgende Fragen sollten in der Stundungsvereinbarung beantwortet werden:
    • Was genau wird gestundet und für welchen Zeitraum?
    • Ab wann soll die Miete wieder voll gezahlt werden?
    • Wie lauten die Rückzahlungsmodalitäten?
    • Bei befristeten Gewerberaummietverträgen sollten Stundungsvereinbarungen als Nachtrag zum Mietvertrag geschlossen werden, da andernfalls die Schriftform des Vertrages gefährdet sein könnte.

Kündigung

10. Kann dem Mieter wegen Zahlungsverzugs gekündigt werden?
  • Das Gesetz zur Abmilderungen der Folgen der COVID-19-Pandemie in Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht schränkt die zivilrechtlichen Kündigungsmöglichkeiten für Gewerberaum- und Wohnraumvermieter vorübergehen ein.
  • Der Vermieter darf keine Kündigung wegen Zahlungsverzugs aussprechen, wenn:
    • der Zahlungsverzug zwischen dem 01. April und 30. Juni 2020 eingetreten ist
    • die Nichtzahlungen auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht
    • der Mieter den Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und der Nichtzahlung glaubhaft macht (Formulierungsvorschlag in der Anlage).
  • Der unter diesen Voraussetzungen beschränke Kündigungsausschluss gilt bis zum 30. Juni 2022. Wenn die Zahlungsrückstände aus April bis Juni 2020 nach dem 30. Juni 2022 fortbestehen, kann auch wegen dieser Rückstände dann eine Kündigung wegen Zahlungsverzuges ausgesprochen werden.
11. Dürfen Mieter eine Kündigung wegen Corona zurücknehmen?
  • Eine ausgesprochene und zugegangene Kündigung ist eine Willenserklärung, die insoweit nicht „zurückgenommen“ werden kann.
12. Können Mieter Mietverträge mit dem Verweis auf Corona widerrufen?
  • Sofern keine sonstigen Widerrufsmöglichkeiten gegeben sind (z. B. Fernabsatzverträge) schafft Corona bzw. Corona-Gesetze kein gesondertes Widerrufsrecht.
13. Können Kündigungen wegen Eigenbedarf aktuell noch erfolgen?
  • Die Corona-Gesetze schließen Kündigungen wegen Zahlungsverzug aus. Andere Kündigungen, z. B. verhaltensbedingte Kündigungen und auch Kündigungen wegen Eigenbedarf, sind nicht ausgeschlossen.
14. Gibt es weitere Beschränkungen der gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten?
  • Wenn der kündigungsrelevante Rückstand vor dem 1. April 2020 und / oder nach dem 30. Juni 2020 entstanden ist, ist eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs weiterhin möglich.
  • Wegen anderer Vertragsverletzungen bleibt eine Kündigung weiterhin zulässig.

Kaution

15. Kann ich die Kaution des Mieters für den Mietausfall nutzen?
  • bei geförderte Wohnraum: Nein
  • bei frei finanzierter Wohnraum:
    • unstrittige und gerichtlich festgestellte Ansprüche: Aufrechnung grundsätzlich möglich (Berliner Gerichte haben hier teilweise eine andere Auffassung)
    • Kautionsnutzung sonst nur nach Ende des Mietverhältnisses
    • Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter ist jederzeit möglich: z. B. … Aufrechnung der Rückstände mit der Kaution und Auffüllung der Kaution innerhalb von XY Monaten … .
  •  Gewerberaummietverhältnisse
    • gesetzliche Regelungen für die Kaution gibt es nur zum Wohnraummietrecht. Daher kommt es im Gewerberaummietrecht ausschließlich auf die vertraglichen Vereinbarungen zur Kaution und deren Aufrechnungsmöglichkeiten ein.

Zutritt zur Mietsache

16. Dürfen Wohnungsbesichtigungen durchgeführt werden?
  • Einzelfallentscheidung, allerdings sind in jedem Fall die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen auch dabei kontinuierlich einzuhalten. Es sind keine Massenbesichtigungen erlaubt und der Kontaktabstand im Falle der Besichtigung beträgt 1,5 Meter Abstand zueinander.
  • Der Mieter darf den Zutritt für Besichtigungszwecke jedoch verweigern, wenn der Mieter zur Risikogruppe gehört oder unter behördlich angeordneter Quarantäne steht.
17. Dürfen Handwerkerleistungen beauftragt werden?
  • Ja, Handwerker dürfen ihre Dienstleistungen weiterhin ausüben.
18. Dürfen Mieter den Handwerkern den Zutritt zur Wohnung verweigern?
  • Grundsätzlich nein, der Mieter hat in der Regel ein eigenes Interesse an der Handwerkerleistung.
  • Ein Zutrittsverweigerungsrecht dürfte aber für die Mieter bestehen, die unter behördlich angeordneter Quarantäne stehen.
  • Bei Mietern, die zur Risikogruppe gehören, hängt es von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Dringlichkeit des Handwerkerauftrags ab, geeignete zusätzliche Schutzmaßnahmen, wie das Tragen von Masken oder zusätzlichen Reinigungsmaßnahmen sind gegebenenfalls einzuhalten.

Rückgabe der Mietsache

19. Darf der Mieter die Rückgabe der Wohnung verweigern?
  • Nein, der Mieter bleibt weiterhin zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet, wenn das Mietverhältnis endet.
  • Gegebenenfalls müssen die Parteien individuelle Schutzmaßnahmen oder Abläufe vereinbaren.
20.  Wer haftet, wenn der alte Mieter die Wohnung nicht zurückgibt?
  • Wenn der alte Mieter nicht auszieht, obwohl er zur Rückgabe verpflichtet ist, haftet der alte Mieter für Schäden, die dem Vermieter durch die verspätete Rückgabe entstehen, z. B., wenn er gegenüber dem neuen Mieter schadenersatzpflichtig wird.
  • Der Vermieter ist gegenüber dem neuen Mieter zur Übergabe der Wohnung verpflichtet. Ist ihm das unmöglich, da er selbst die Wohnung noch nicht zurückerhalten hat, haftet der Vermieter dem neuen Mieter für Schäden, die ihm wegen der verspäteten Übergabe der Wohnung entstehen. Hierzu gehören z. B. Kosten einer Ersatzunterkunft und Lagerkosten für Möbel.

Datenschutz

21. Was ist beim Datenschutz zu beachten?
  • Vermieter verarbeiten „unübliche“ Daten der Mieter (z. B. Gesundheitszustand, Quarantäne, wirtschaftliche Situation).
  • Vermieter muss für sich klären, wie er diese Daten verarbeitet, insbesondere wann er sie löscht.
  • Verfahrensverzeichnisse / Verarbeitungsverzeichnisse und Information an den Betroffenen (Mieter) sind erforderlich.

Immobilienfinanzierung

22. Welche zusätzlichen Rechte hat der Vermieter bei Corona?
  • Corona-Gesetze sehen die Stundung monatlicher Raten (Zins und Tilgung) vor
  • Voraussetzung Verbraucherdarlehen!
  • Ob ein Verbraucherdarlehen vorliegt, ist eine Entscheidung im Einzelfall (BGH).
  • Achtung, ein Antrag bei der Bank sollten sich Vermieter gut überlegen, da finanzielle Schwierigkeiten eventuell zur Kündigung oder Nachbesicherung führen können.
  • Die KfW bietet Kredite für Unternehmen an.

Groß Rechtsanwälte www.gross.team

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Autor

Miriam Zaunbrecher

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