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Gradtagszahlen: Was Vermieter für die Nebenkostenabrechnung wissen sollten

Letztes Update: 7. Oktober 2024 | 7 Min. Lesezeit

Nahaufnahme eines Heizungsreglers, der auf dem Schneeflocken-Symbol steht.
Nahaufnahme eines Heizungsreglers, der auf dem Schneeflocken-Symbol steht.

Ein Mieterwechsel ist nicht nur für den Mieter, sondern auch für den Vermieter mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden. Eine der zentralen Aufgaben für den Wohnungseigentümer ist die Erstellung einer abschließenden Nebenkostenabrechnung. Während die Erfassung der dazu nötigen Daten bei den verbrauchsunabhängigen Kosten kaum Probleme bereitet, sieht dies bei den verbrauchsabhängigen Kosten für Heizung und Warmwasser schon anders aus. In diesem Zusammenhang taucht der Begriff Gradtagszahlen auf. Was es damit auf sich hat und wann sie für Vermieter wichtig werden, erfahren Sie in folgendem Beitrag.

Inhalt

  1. Was ist ein Gradtag?
  2. Was versteht man unter Gradtagszahlen?
  3. Heizkosten mit Gradtagszahlen berechnen
  4. Kostenanteil mit Gradtagszahlentabelle ermitteln
  5. Gradtagszahlentabelle
  6. Zeitanteilige Abrechnung als Alternative
  7. Pflicht zur Zwischenabrechnung
  8. Gradtagszahlen zur Berechnung der Mietminderung

Monat

Januar

Februar

März

April

Mai 

Juni, Juli, August zus.

September

Oktober

November 

Dezember

Promilleanteil

170

150

130

80

40

40

30

80

120

160

Was ist ein Gradtag? 

Gradtage, auch Heizgradtage genannt, bezeichnen gemäß der VDI-Richtlinie 3807 den Temperaturunterschied zwischen der mittleren Raumtemperatur von 20 °C und dem jeweiligen Mittelwert der Außentemperatur. Die Anzahl der Gradtage wird gezählt und ist unter anderem relevant für die Prognostizierung des Energiebedarfs von Gebäuden.

Es gilt: Je mehr Gradtage, desto länger muss das Gebäude geheizt werden. Eine große Anzahl an Gradtagen bedeutet daher in der Regel höhere Heizkosten.  

Was versteht man unter Gradtagszahlen?

Ebenso wie der Zustand einer Immobilie oder die Art und das Alter der Heizungsanlage spielt das Wetter eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der energetischen Qualität. Der Wärmeverlust, der über das Jahr beim Heizen der Räume entsteht, kann unter anderem mit den Gradtagszahlen (GTZ) ermittelt werden. Auch für die Berechnung des Energieverbrauchs werden sie eingesetzt. Dieser wird für die Erstellung eines Energieausweises benötigt.

Durch die Gradtagszahlen werden Raumtemperatur und Außentemperatur in Zusammenhang gesetzt. Sie zeigen die Anzahl der Tage pro Jahr an, an denen die Temperatur einen Schwellenwert (Gradtag) überschreitet und stellen eine Maßeinheit für den Wärmebedarf einer Immobilie während der Heizperiode dar.

Berechnung der Gradtagszahlen 

Basis der Berechnung ist die Differenz zwischen der Außentemperatur und der Raumtemperatur.

Angenommen wird eine Heizgrenztemperatur von 15 °C. Liegt die Außentemperatur darunter, besteht die Notwendigkeit zu heizen, um eine Zimmertemperatur von 21 °C zu erreichen. Die Zahl der Tage, an denen in den einzelnen Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit geheizt werden muss, wurde durch langjährige Messungen der Temperaturen an unterschiedlichen Orten in Deutschland ermittelt. 

Heizkosten mit Gradtagszahlen berechnen

Zieht ein Mieter aus und ein neuer ein, geschieht dies nur selten zum Ende einer Abrechnungsperiode, sondern meist zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb eines Jahres. Das heißt, dass der alte Mieter auch nur den Teil der Nebenkosten zahlen muss, der angefallen ist, während er die Wohnung genutzt hat.

Sofern der Mietvertrag keine spezifische Regelung für den Fall eines Mieterwechsels in einer laufenden Periode vorsieht, tritt § 9b der Heizkostenverordnung in Kraft. Dieser verpflichtet den Vermieter dazu, eine Zwischenablesung vorzunehmen und dabei zwischen verbrauchsabhängigen und verbrauchsunabhängigen Kosten zu unterscheiden.

Wann darf nach Gradtagszahlen abgerechnet werden?

Nach Gradtagszahlen wird in der Regel immer dann abgerechnet, wenn ein unterjähriger Mieterwechsel stattgefunden hat. Mithilfe der Zwischenablesung und der Gradtagszahlentabelle wird ermittelt, wie hoch der Anteil des ausziehenden Mieters an den verbrauchsunabhängigen Heizkosten ist. 

Unterscheidung zwischen Kostenarten

Während beim Warmwasser grundsätzlich zeitanteilig abgerechnet wird, kann bei den Festkosten für die Heizung alternativ auf eine Verteilung mithilfe der Gradtagszahlentabelle zurückgegriffen werden. Sie berücksichtigt, dass innerhalb eines Jahres unterschiedlich stark geheizt wird.

Kostenanteil mit Gradtagszahlentabelle ermitteln

Entwickelt wurde die Gradtagszahlen-Tabelle vom VDI, dem Verein Deutscher Ingenieure.

Jedem Monat wird entsprechend der Heizintensität ein fester Promilleanteil an den gesamten verbrauchsunabhängigen Heizkosten zugewiesen. Da diese Methode gerechter ist als die zeitanteilige Verteilung, kommt sie entsprechend öfter zur Anwendung.

Zieht ein Mieter beispielsweise im April aus, hat er bei Beginn des Abrechnungszeitaums im Januar auch nur einen Teil der verbrauchsunabhängigen Heizkosten zu zahlen. Dafür werden die Promilleanteile aus der Gradtagzahlentabelle zusammengerechnet. In diesem Fall beträgt der Mieteranteil 530 Promille oder 53 %.  

Gradtagszahlentabelle

Monat

Januar

Februar

März

April

Mai 

Juni, Juli, August zus.

September

Oktober

November 

Dezember

Promilleanteil

170

150

130

80

40

40

30

80

120

160

Zeitanteilige Abrechnung als Alternative

Die zeitanteilige Abrechnung basiert allein auf der Wohndauer. Ist der Abrechnungszeitraum identisch mit dem Kalenderjahr, heißt dies, dass ein Mieter, der Ende April auszieht, ein Drittel der Kosten zu tragen hat. Der neue Mieter wird entsprechend seiner Wohndauer innerhalb der Abrechnungsperiode belastet.

Abrechnung von Warmwasserkosten

Da die verbrauchsunabhängigen Anteile bei den Warmwasserkosten über das Jahr verteilt weitgehend konstant sowie unabhängig von den Außentemperaturen sind, gibt es hier kein Problem mit einer zeitanteiligen Abrechnung.

Abrechnung von Heizkosten 

Anders sieht dies beim Heizen aus. Von Januar bis April wird während der Heizperiode deutlich mehr geheizt als in den restlichen Monaten des Jahres. Entsprechend ungerecht wäre in diesem Fall eine zeitanteilige Abrechnung. Eine Orientierung an der Gradtagszahlentabelle sorgt hier für klare Verhältnisse und eine höhere Verteilungsgerechtigkeit.

Bei der Erstellung der Nebenkostenabrechnung mit objego haben Sie Möglichkeit, das Ergebnis der Heizkostenabrechnung zu erfassen und gesammelt an Ihre Mieter zu senden. 

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Pflicht zur Zwischenablesung

Im Gegensatz zu den verbrauchsunabhängigen Heizkosten kann der verbrauchsabhängige Teil in der Regel nicht mithilfe der Gradtagszahlen-Tabelle abgerechnet werden. Deshalb sind Sie als Vermieter grundsätzlich verpflichtet, bei jedem Mieterwechsel eine Zwischenablesung vorzunehmen, um den tatsächlichen Verbrauch des Mieters zu ermitteln.

Gradtagszahlen in Ausnahmefällen bei verbrauchsabhängigen Kosten

Ist dies aus technischen Gründen nicht möglich, weil zum Beispiel das Erfassungsgerät defekt ist, kann auch der verbrauchsabhängige Anteil ausnahmsweise anhand der Gradtagszahlen-Tabelle bestimmt werden.

Dies ist auch möglich, wenn der Mieterwechsel zu Beginn oder am Ende einer Abrechnungsperiode erfolgt und zur Verbrauchserfassung Verdunstungsgeräte genutzt werden. Die Röhrchen liefern kurz vor und nach einer Ablesung nur unzuverlässige Werte, sodass auch in diesem Fall auf die Gradtagszahlen-Tabelle zurückgegriffen werden kann. Bei Geräten, die den Verbrauch elektronisch erfassen, gibt es in dieser Hinsicht keine Probleme.

Recht auf Nebenkostenkürzung bei versäumter Zwischenablesung 

Versäumen Sie es als Vermieter, eine Zwischenablesung vorzunehmen, obwohl keiner der Ausnahmegründe vorliegt, kann sich der Mieter auf § 12 der Heizkostenverordnung berufen und den nicht verbrauchsabhängigen Anteil um 15 Prozent kürzen.

Der verbrauchsabhängige Teil muss mindestens 50 Prozent der Gesamtrechnung betragen. Meist liegt er jedoch bei 60 oder 70 Prozent. Der Anteil der kürzungsfähigen, nicht verbrauchsabhängigen Kosten beträgt dann aber immer noch zwischen 30 und 40 Prozent.

Zwischenabrechnung verhindert Unstimmigkeiten 

Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten Sie deshalb als Vermieter beim Mieterwechsel grundsätzlich eine Zwischenabrechnung vornehmen. Auf diese Weise vermeiden Sie nicht nur Ärger mit dem Mieter, sondern unter Umständen auch zusätzliche Kosten.

Die Kosten für die Erstellung einer Zwischenabrechnung dürfen nicht in der Nebenkostenabrechnung auf die Mieter umgelegt werden, da es sich nicht um laufende Kosten handelt. Eine Nutzerwechselgebühr ist hier ebenso wenig zulässig wie die Ausweisung als Sonderkosten.

Nur laufende Kosten sind umlagefähig

Mit der Betriebskostenverordnung hat der Gesetzgeber festgelegt, welche Kosten auf die Mieter umgelegt werden dürfen. Dazu zählen lediglich Kosten, die Ihnen laufend entstehen. Einmalige Kosten, wie sie eventuell für die Erstellung einer Zwischenabrechnung anfallen, sind daher keine umlagefähigen Nebenkosten.

Gradtagszahlen zur Berechnung der Mietminderung

Die Gradtagszahlen-Tabelle kommt jedoch nicht nur bei einem Mieterwechsel zur Anwendung, sondern auch, wenn der Mieter aufgrund eines Heizungsausfalls auf eine Mietminderung bestehen kann.

Aufgrund der detailliert berechneten Heizleistungen für die einzelnen Monate ist es möglich, den Grad der Beeinträchtigung zu ermitteln und so die Höhe der Mietminderung zu beziffern. Fällt die Heizung in den Wintermonaten aus, in denen sie besonders wichtig ist und in hohem Maße genutzt wird, ist auch der Anspruch auf Mietminderung deutlich höher als im Sommer, wenn für gewöhnlich nicht geheizt wird.

Fazit

Die Gradtagszahlen-Tabelle liefert Ihnen als Vermieter eine nachvollziehbare Grundlage zur Berechnung anteiliger Heizkosten. Bei einem Mieterwechsel innerhalb eines laufenden Abrechnungszeitraums kann so der nicht verbrauchsabhängige Anteil der Heizkosten sowohl für den ausziehenden als auch für den einziehenden Mieter ermittelt werden.

Der verbrauchsabhängige Anteil an der Gesamtrechnung wird durch eine Erfassung des bis zum Auszug des Mieters aufgelaufenen realen Verbrauchs bestimmt. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann auch hier die Gradtagszahlen-Tabelle zur Anwendung kommen.

Wird versäumt, eine Zwischenabrechnung zu erstellen, obwohl keine Ausnahmesituation vorlag, ist der Mieter berechtigt, den verbrauchsunabhängigen Teil der Endrechnung um bis zu 15 Prozent zu kürzen. Auch wenn der Mieter wegen eines Heizungsausfalls zu einer Mietminderung berechtigt ist, wird die Höhe mithilfe der Gradtagszahlen-Tabelle berechnet.

Für Vermieter ist sie also in verschiedenen Situationen wichtig, um eine korrekte Nebenkostenabrechnung zu erstellen oder um sich gegen eine ungerechtfertigt hohe Mietminderung zu wehren.

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Miriam Zaunbrecher

Online Redakteur

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